Gemeinsames Statement von Seebrücke und Antifaschistischer Initiative Heidelberg im Kontext der Demonstration am 20.01. in Heidelberg
Am Samstag gingen in Heidelberg mehr als 18.000 Menschen auf die Straße, um ein Zeichen gegen die AfD und ihre rassistische Politik zu setzen.
Dem Aufruf zur Demonstration hatten sich binnen weniger Tage etliche zivilgesellschaftliche Akteur*innen und der überwiegende Teil der Parteien des Heidelberger Gemeinderats (außer der AfD selbst) angeschlossen.
Der Mobilisierungserfolg kann durchaus Mut machen und ist für viele ein wichtiges Zeichen im momentanen Rechtsruck.
Die Demonstration in Heidelberg reiht sich ein in die deutschlandweite Mobilisierungswelle, die ihren Ursprung in der Empörung über ein Treffen von Neonazis, darunter einige AfD-Politiker*innen, hat, in welchem es um Pläne zur Deportation von Millionen von Menschen ging.
Die Ampelregierung zeigt sich besorgt über die Ambitionen der AfD und erfreut über die gesellschaftliche Reaktion: Stellvertretend loben unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Kriegsministerin Annalena Baerbock (Grüne) die Demonstrationen „für die Demokratie“.
Das nehmen wir zum Anlass, um auf Folgendes hinzuweisen: Es ist der momentane Höhepunkt politischer Heuchelei, dass Olaf Scholz am Freitag zur Verteidigung der Demokratie gegen die AfD aufrief, während der Bundestag mit den Stimmen der SPD, Grünen und FDP am Vortag eine weitere drastische Verschärfung des Asylrechts per Gesetz beschlossen hatte. Die AfD stimmte mit der CDU gegen das Gesetz, weil ihnen dieses nicht weit genug ging. Wenn Scholz noch vor Kurzem mit der unmissverständlichen Aussage „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“ auf dem Spiegel-Cover posierte, scheint es jetzt darum zu gehen, dass ausschließlich die Abschiebepläne der Ampel-Regierung die richtigen sind. Die Worthülsen können uns nicht täuschen: Beim sogenannten „Rückführungsverbesserungsgesetz“ geht es um nichts anderes als massenhafte Abschiebung! Zu diesem Zweck legalisiert das sogenannte „Rückführungsverbesserungsgesetz“ die Verletzung der Grundrechte tausender Geflüchteter. Bei aller Kritik an den antidemokratischen Ambitionen der AfD sagen wir klar und deutlich: Wir messen menschenverachtende Politik nicht daran, ob sie demokratisch legitimiert ist, oder nicht – wir bekämpfen sie!
Die Ampel-Parteien zeigen sich momentan öffentlichkeitswirksam auf der Seite der Demonstrant*innen, während sie mit ihrer tatsächlichen Politik den Plänen der AfD viel näher stehen. Gleichzeitig gießen sie mit ihrer neoliberalen Politik Öl ins Feuer: Die bestehenden Missstände – die Ungleichheit und die Angst vor sozialem Abstieg – sind die wichtigsten Ausgangspunkte für rechte Politik.
Diese sind in unseren Augen nicht Fehler, sondern Grundlage eines Systems, in dem Menschenleben wirtschaftlichen Interessen untergeordnet sind. Dass Menschen sich eher von Geflüchteten als von Superreichen bedroht sehen, ist eine Folge dieser Politik und eine wirksame Strategie zur Aufrechterhaltung dieses Systems: Durch die Ablenkung bleibt massenhafte Kritik an den eigentlichen Verursacher*innen der prekären Lebenssituation der Vielen aus.
Auch auf der Demonstration in Heidelberg konnten sich Parteienpolitiker*innen in Szene setzen. Dass Grüne und SPD trotz ihrer tatsächlichen Politik als wichtige Netzwerkpartner ausgewählt wurden, überrascht uns nicht. Deutlich befremdlicher fanden wir, dass die CDU, zu der zahlreiche AfD-Politiker*innen wie Alexander Gauland vor der Gründung der AfD gehörten, und deren Mitglieder ebenfalls beim Geheimtreffen in Potsdam anwesend waren, als Unterstützer der Demonstration gelistet war. Eine klare Kante gegen Rechts beinhaltet unserer Meinung nach auch eine Abgrenzung gegen die CDU, die aber nun mit der öffentlichen Unterstützung dieser Demonstration ihr Image verbessern kann. Auch die CDU gibt vor, gegen die AfD zu sein, ihre Beweggründe sind allerdings völlig andere, als unsere. Für sie ist „gegen die AfD sein“ nur Fassade, um von ihrer eigenen rechten Politik abzulenken. Aus unserer Sicht darf die Anzahl der Unterstützer*innen nicht wichtiger sein, als die politische Haltung der Unterstützer*innen.
Ebenso ist es bedenklich, dass der antifaschistische Block nicht wie geplant in der Mitte der Demonstration laufen konnte, sondern aus uns nicht ersichtlichen Gründen nach hinten verschoben wurde.
Konsequenter Antifaschismus ist also gerade jetzt gefragt! Lasst uns deshalb weiter aktiv sein: Gegen die Festung Europa, gegen die AfD, gegen Ausbeutung und Unterdrückung, für ein Leben in Freiheit und Solidarität.
Es bleibt dabei:
Wer gegen rechts kämpft, kann sich auf diesen Staat nicht verlassen!
Esther Bejarano